SWISSMAN: Dornhofer kämpft bis zur Geisterstunde

Bericht von Christian Dornhofer:

“Seit längerer Zeit träume ich schon davon ein extremes Abenteuer zu erleben.
Schnell war ein passender Bewerb gefunden.
Der SWISSMAN, ein point-to-point Triathlon über die klassische Langdistanz
(3,8 – 180 – 42) gespickt mit 5500 HM über die Schweizer Berge, sollte es
werden.
Durch ein wenig Losglück konnte ich für heuer einen Startplatz, von
insgesamt 250, ergattern und somit konnte die Planung für die Durchführung
und das Training beginnen.

Wie wir alle wissen vergeht ein halbes Jahr Training viel zu schnell,
trotzdem fühlte ich mich gut vorbereitet und mental stark genug das
Abenteuer gut zu überstehen.

Am Freitag um 06:00 früh ging es los. Meine Frau Petra, mein Supporter Markus
und ich reisten mit dem Auto nach Ascona, an den Lago Maggiore im südlichen
Teil der Schweiz, an.
Es hatte herrliche 28 ° C. Bei der Registrierung war unsere Laune noch sehr
gut, doch beim anschließenden Briefing kam die Ernüchterung. Die
Wettervorhersage für den Wettkampftag am Samstag war alles andere als
lustig.
Regen, Schnee und starker Wind waren angesagt, aber das konnte meine
Vorfreude eigentlich nicht trüben, da man ja gegen das Wetter sowieso nichts
machen kann und dass es extrem wird, stand ja am Programm.

Um 02:30 läutete am Samstag der Wecker. Eigentlich viel zu früh um überhaupt
an Sport denken zu können. Die Wechselzone wurde eingerichtet und bis um
Punkt 04:00 musste sich jeder Athlet mit Neopren, Badehaube und Schwimmbrille
am Schiff befinden.
Das Schiff brachte uns Athleten zu den Brissago Inseln, wo wir dann ca. um
04:50 ins Wasser gingen. Obwohl das Wasser lauschige 19 °C haben sollte wurde
mir, auch wegen der Uhrzeit und so ohne richtiges Aufwärmen, nicht wirklich
warm. Um ca 05:00 Uhr läuteten plötzlich Kuhglocken und danach ging es los.

Einige PROs schwammen natürlich schnell weg, aber ich konnte mit einem
Mitstreiter recht zügig Richtung “blinkendes Licht” schwimmen. Die gesamte
Distanz in eine Richtung zu schwimmen hat sich dann doch etwas gezogen, aber
als beim Schwimmaustieg unglaublich viele Leute, Supporter, jubelten und die
Wechselzone noch recht voll mit Rädern war, war das echt ein lässiges
Gefühl.

Somit ging es gleich voller Motivation auf die Radstrecke. Ich ging es
bewusst gemütlich an, denn ich konnte nur erahnen was mich noch erwarten
würde. Die ersten 50 km schmierten so dahin und das Wetter war auch
noch OK. Auf der Strecke grüßte man jeden Radfahrer, manchmal gab es ein
kleines Plauscherl, die ersten Parkplätze mit den Supportern wurden passiert,
alle feuerten alle freundlich an. Die Stimmung war einmalig. Es war kein
wirkliches Rennen, es gab keine Attacken, kein Windschattenfahren alle
fuhren ihr eigenes Tempo. Als die ersten Steigungen dann begannen hatte ich
schon 500 HM auf meinem Tacho. Der Wind wurde stärker und als dann der erste große
Pass bei 80 km kam, der Gotthartpass, wurde es echt sehr windig, es begann
zu regnen und oben wurde es richtig kalt. Wir fuhren über die alte
Passstraße, die Tremola, die nur aus Pflastersteinen und zig Kehren bestand.
Es war sehr kurzweilig und ich hätte die lässige Aussicht doch lieber bei
schönem Wetter genossen. Alle Teilnehmer und auch Supporter, die auf ihre
Athleten warteten und nicht wirklich wussten wie das noch enden sollte,
wurden auf eine harte Probe gestellt. Am Pass wechselte ich meine nasse
Kleidung komplett gegen trockene. Eigentlich freu ich mich immer auf schöne
Abfahrten um es auch mal richtig krachen zu lassen. Diesmal bei Regen,
Nebel und Wind musste ich extrem vorsichtig fahren.

Der zweite Pass, der Furka Pass, war dann echt ein Hammer. Auf den ersten 6
km sind wenigstens noch einige Kehren, die ich recht gerne mag, aber die
letzen 7 km gehen dann einfach nur den Hang entlang immer bergauf. Es fing
nun auch zu schneien an und der km-Zähler bewegte sich einfach nicht. Es kam
was kommen musste, der erste Einbruch. Oben angekommen, war mir kalt, alles
war nass, die Leistung viel ab, ich konnte nichts essen, da mein Magen
zumachte. Meine Supporter motivierten mich wieder. Ich musste weiter. Ich
zitterte die Abfahrt hinunter dann wieder rauf, auf den dritten Pass, den
Grimsel Pass. Die einmalige Landschaft wollte ich warnehmen. Ich speicherte
alle Bilder in meinem Kopf ab, motivierte mich weiter. Oben angekommen blies
der Wind extrem. Ich wechselte wieder komplett, inklusive Radschuhe, meine nasse
Kleidung. Nun ging es bergab, wieder raus aus den Bergen. Das Wetter wurde
langsam besser, mein Körper erholte sich. Unglaublich, aber als ich mit einem
lächeln im Gesicht, voller Motivation, in die Wechselzone zum Laufen kam,
konnten wir es alle kaum glauben, das Ganze bis jetzt heil überstanden zu
haben.

Um ca 15:45 begann dann das Lauf-Wander-Abenteuer. Ich kam wieder an
unglaublich schönen Plätzen vorbei. Es ging bergauf, bergab, im Wald, am See
entlang und ich konnte doch an die 20 km richtig laufen. Ab Kilometer 22 stellte
sich die Straße nocheinmal richtig auf. Das Gehen viel mir immer schwerer.
Wieder brachte ich keine Nahrung in meinen Magen. Ich dachte ans Aufgeben,
ich hatte alles gegeben, bitte nur mehr nach Grindelwald, Kilometer 33, das reicht
mir. Eine SMS an die Supporter:”Bitte kommt mir entgegen!”. Wieder
unglaublich. Als ich Petra und Markus sah, war ich plötzlich wieder voll da.
Ich bekam Soletti, wir lachten, es war so irre. “Schau da oben ist das Ziel,
nur mehr 10 km und 1000 HM, die machen wir gemeinsam, wir schaffen das!”.
Bei dieser Wanderung, von Grindelwald, zum Ziel, der Kleinen Scheidegg,
musste man vom Supporter mit 2 gecheckten Rucksäcken, begleitet werden. Wir
gingen zu dritt den Wanderweg, der 4h angeschrieben war (wahrscheinlich für Chinesen in
Stöckelschuhen) hinauf, an der Eiger Nordwand entlang, ins Ziel. Es war echt
einmalig und wir gingen entspannt, ohne Eile und genossen das schöne
Panorama. Irgendwann wurde es dann auch finster, aber wir haben es alle
geschafft und um 23:12 haben wir das Ziel auf der Kleinen Scheidegg
erreicht. Im Ziel gab es wieder Kuhglockengeläute vom OK-TEAM. Wir
schüttelten uns die Hände, die Stimmung war einmalig. Sie konnten es
vermittel, dass es nicht um die erreichte Zeit ging sondern nur darum ins
Ziel zu kommen. Ich war gesund, eigentlich komplett erholt und habe mich
noch nie so über warmes Essen gefreut…

Der SWISSMAN war ein echtes Abenteuer. Ich bin an meine Grenzen gestoßen, so
wie ich es wollte, habe nicht aufgegeben und konnte mich selbst wieder ein
wenig neu kennenlernen. Die Erfahrung, Erlebnisse und Bilder eines solchen
Tages kann man nur schwer transportieren.
Ich bin extrem glücklich, dass mich meine Frau und meine Supporter das ganze
Wochenende begleitet haben und mit mir alles duchgestanden haben. Auch für
sie war es extrem in alle Richtungen.

Am Sonntag haben wir uns noch das Finisher-T-Shirt, um das es eigentlich
gegangen ist und wirklich sehr cool ist, geholt und haben uns auf den langen
Weg in die Heimat gemacht.
Es gibt keine Ergebnisliste, es gibt eine Liste nach dem Alphabet sortiert
mit der Ankunftszeit auf der Kleinen Scheidegg. Es sind viele vor mir ins
Ziel, einige nach mir, ich habe mein Ziel erreicht, wen interessiert schon
mehr.

Meine Abenteuerlust ist derzeit soweit gestillt, jetzt können wieder
schnellere Wettkämpfe folgen!”

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